Dass Sonnenschutz unerlässlich ist und künftig immer wichtiger wird, steht ausser Frage. Doch was ist drin in Sonnencreme? Sind alle Wirkstoffe, die mit Sonnencreme und Co. über die Haut in unseren Blutkreislauf gelangen, harmlos? Oder gibt es unerwünschte Nebenwirkungen? Weil das bei vielen Produkten gar nicht so klar ist, hat die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) eine Regelung vorgeschlagen, die Hersteller auffordert, die Absorptionsrate ihrer Inhaltsstoffe genauer unter die Lupe zu nehmen und offenzulegen, wie viel von welchem Stoff in unserem Körper ankommt. Diese Regelung sollte im November 2020 in Kraft treten.
Dabei muss man aber zwischen den Inhaltsstoffen physikalischer und chemischer Sonnencremes unterscheiden. Die zwei grundsätzlich verschiedenen Arten, mit der Sonnencremes ihre Schutzfunktion erreichen, haben beide ihre Vor- und Nachteile. Falls du den entsprechenden Artikel dazu noch nicht gelesen hast, empfehlen wir, dies für ein besseres Verständnis zu tun.
Physikalische Sonnencremes: giftige Nanopartikel
Die Idee physikalischer Sonnencremes ist, eine reflektierende Schutzschicht auf der Haut zu bilden. Normalerweise führt dies aber bei korrekter Applikation zu einer unschönen weissen Schicht. Um die Sonnencreme weniger sichtbar zu machen, haben Hersteller physikalischer Sonnencremes die Titandioxid- und Zinkoxidteilchen extrem klein gemacht. Weil die Teilchen dann eine Grösse von weniger als 100 Nanometer haben, werden sie Nanopartikel genannt. Die Hauptbedenken bezüglich solcher Inhaltsstoffe kommt daher, dass diese in den Körper eindringen und sich darin ansammeln können. Die berechtigte Frage: "Ist das denn schlimm?" kann man noch nicht beantworten, weil wir einfach noch zu wenig über die Langzeiteffekte von Nanopartikeln wissen. Grundsätzlich wirken Titandioxid und Zinkoxid aber toxisch auf den menschlichen Körper. Aus diesem Grund ist Vorsicht angebracht.
Chemische Sonnencremes: schädliche Hormone
Viele Leute haben eine intuitive Abneigung gegen das Wort chemisch. Sie verbinden es automatisch mit gefährlich und negativ. Es lohnt sich aber, die Sache differenzierter anzuschauen. In deinem Körper passieren viele chemische Prozesse – manche davon sind positiv und manche negativ. Also ist es wichtig zu wissen, von welchen Stoffen und Prozessen man spricht. Hier wird es im Bezug auf Sonnencremes leider komplizierter.
Was ist drin in chemischen Sonnencremes? Während bei physikalischen Sonnencremes hauptsächlich zwei Stoffe verwendet werden, ist die Liste verwendeter organischer Filter bei chemischen Sonnencremes deutlich länger. Einige davon stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Bei den meisten fehlen uns die Langzeitdaten, um sagen zu können, ob sie sicher sind oder nicht. Man hat aber herausgefunden, dass viele dieser Stoffe in den Körper eindringen können. Der aktuelle umstrittenste Inhaltsstoff chemischer Sonnencremes ist Oxybenzon. Dieser Stoff steht im Verdacht, Korallenriffe zu schädigen und den menschlichen Hormonhaushalt (besonders Östrogene) zu beeinflussen.
Die Untersuchung der FDA
In den USA gibt es mindestens 16 Mineralien und Chemikalien, die als aktive Inhaltsstoffe für Sonnenschutzprodukte verwendet werden. Bei einem großen Teil dieser Wirkstoffe existieren keine ausreichenden Informationen darüber, ob sie für die Anwendung im Körper sicher sind und wie sie sich in unserem Blutsystem auswirken. Laut der FDA sollten alle Inhaltsstoffe, die zu 0,5 Nanogramm pro Milliliter oder höher im Blut nachweisbar sind, darauf getestet werden. Ziel ist es, eine Aussage treffen zu können, ob diese Stoffe die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, erhöhen, Geburtsfehler auslösen oder andere Auswirkungen haben.
In einer Pilotstudie hat die FDA 24 Versuchspersonen gebeten, je vier Tage lang viermal täglich Sonnenschutzprodukte mit Avobenzon zu verwenden. Anschließend wurden über sieben Tage hinweg von jeder Versuchsperson 30 Blutproben genommen und die Konzentration der aktiven Mineralien und Chemikalien gemessen. Bereits nach einem Tag überstieg die Konzentration der Inhaltsstoffe im Blut die Empfehlung der FDA um ein Vielfaches.
Das Bundesamt für Lebensmittel und Veterinärwesen
Das Bundesamt für Lebensmittel und Veterinärwesen (BLV) schreibt:
"Nach aktuellem Wissensstand überwiegt der Nutzen von mineralischen und organischen UV-Filtern allfällige Risiken. Das BLV, das BAG, die Krebsliga und die Schweizerische Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie empfehlen die konsequente Anwendung von Sonnenschutzmitteln auf der unbedeckten Haut als Ergänzung zum Aufenthalt im Schatten und dem Tragen von Kleidung."
Was nun?
Na super! Solltest du nun also gar keine Sonnencreme verwenden? Nein! Die FDA und das BLV empfehlen nicht, auf Sonnenschutz zu verzichten. Das wird deutlich hervorgehoben. Aber die FDA macht sich dafür stark, genau hinzuschauen, welche Stoffe verwendet werden und wie sie sich auf den menschlichen Körper auswirken. Im November sollte die vorgeschlagene Regelung der FDA abgeschlossen sein und in Kraft treten. Diese könnte dazu führen, dass einige Anbieter von Sonnenschutzprodukten ihre Cremes, Sprays und Lotions vom Markt nehmen müssen. Der Wirtschaftsverband hat bereits eine Verschiebung des Inkrafttretens der Regelung für acht Inhaltsstoffe beantragt, weil die Tests noch nicht weit genug vorangeschritten seien.
Bewusster Umgang mit Sonnencreme
Forscher sind sich einig, dass es weiterhin sinnvoll ist, sich mit Sonnencreme zu schützen. Die Gefahr von Hautkrebs ist real. Sonnencreme ist ein effektiver Schutz gegen Schäden der Haut. Aber folgende Dinge solltest du dir überlegen:
- Wenn du eine physikalische Sonnencreme verwenden möchtest: Physikalische Sonnencremes, welche als transparent oder unsichtbar beworben werden, erreichen dies oft mit Nanopartikeln.
- Wenn du eine chemische Sonnencreme verwenden möchtest: Google den Namen deiner Sonnencreme + Inhaltsstoff. Schaue, ob diese im Verdacht stehen, negative Effekte auf den Körper oder die Umwelt zu haben.
- Gesunde Menschen ohne Hautkrebsvorgeschichte müssen nicht immer Sonnencreme auftragen. Oft reicht es, Schatten zu suchen oder die Zeit, die du draussen verbringts, schlau zu wählen.
- Laut aktuellem Stand der Forschung ist bei folgenden Inhaltsstoffen Vorsicht geboten: Tinosorb S and M, Mexoryl SX, Oxybenzon, Octinoxate, Avobenzon, Titaniumdioxid, Zinkoxid, PABA and Trolaminsalicylat PABA.
- Lies unseren Artikel: Wann sollte man sich eincremen?
Weiterführende Lektüre:
- Bundesamt für Lebensmittel und Veterinärwesen zu Sonnencreme
- NPR Artikel zu Sonnencremeinhaltsstoffen
- Die besten Sonnencremes
- Kritische Inhaltsstoffe
- Übersicht über Sonnencremeinhaltsstoffe
Quellen:
- Studie der FDA: Effect of Sunscreen Application Under Maximal Use Conditions on Plasma Concentration of Sunscreen Active Ingredients
- Weitere Untersuchungen der FDA
- Untersuchung ob Zink-Nanopartikel in die Haut eindringen
- Titandioxid und Zinkoxid
- Chemische Sonnencremes
- Oxybenzon und Östrogen
- Sonnencreme und Korallenriffe